Montag, 29. April 2013

Titanic für Arbeitslose

Es ist immer wieder schön im ACE-Kurs. Und aufregend. Und so lebensnah und realistisch -äh, nein, doch nicht ... . Gruppenspiele sollen unseren Teamgeist wecken und uns unser soziales Potential offenbaren. Kann aber auch ordentlich nach hinten losgehen, wie das Spiel "Schiffbruch" gezeigt hat. "Sie segeln zu Weihnachten mit einer Privatjacht auf dem offenem Meer, ..." (klar, kann sich jeder von uns Arbeitslosen leisten) "... bis an Bord ein Brand ausbricht. Sie können nur noch die unten aufgelisteten 15 Ggenstände in das einzige vorhandene Rettungsboot mitnehmen."
Soweit so gut, den Rest erledigt die gefürchtete Gruppendynamik. Als einzige Frau in der Gruppe, stelle ich schnell fest, dass Männer auch nicht mehr das sind, was sie mal waren. Keiner von ihnen weiß, wie man einen Sextant bedient - und das, obwohl alle männlichen Anwesenden Akademiker sind. Wahrscheinlich gerade deswegen, sind halt alle mehr am Schreibtisch gesessen als sich in der Natur zu verlaufen. Die Karte des Indischen Ozean muss auch daran glauben, weil sie ohne Kompass oder Navigator nutzlos ist - laut Stadtpfandfinder-Meinung. Auch das große Moskitonetz wird über Bord geworfen, dass sich alle Schreibtischtäter einig sind, dass am Meer keine Moskitos sind. Als ich zaghaft einwerfe, dass wir es zum Fischen verwenden könnten, wird lautstark darüber diskutiert, ob man nicht auf mich verzichten könnte. Der jüngste Gentleman meint zwar noch leise, dass man eine Frau durchaus gebrauchen könnte, falls wir auf einer einsamen Insel stranden und eine Zivilisation gründen möchten. Doch scheint außer ihm, niemand an derartigen Szenarien interessiert. Als die Gruppenleiterin daran erinnert, dass dieses Spiel unsere soziale Kompetenz fördern und zeigen soll, wird meine Rolle immer klarer: Ich bin die Nahrungsration und soll mich gefälligst für die Gruppe bereitwillig opfern. Außerdem wird mir von mehreren Seiten erklärt, dass ich, als kleinstes und schwächstes Mitglied, ohnehin keine Chance habe. Ich bin ja nur dankbar, dass keiner dabei erwähnt, dass an mir einfach am meisten dran ist und mich alle zum Anknabbern finden.Tatsächlich verbringe ich weitere 2 Stunden damit, die Anderen davon überzeugen zu wollen, dass sie es bereuen würden mich zu verspeisen. Erfolglos - welche Argumente kann man einer Horde hungriger Männer mit Sonnenstich ans Herz legen um die wehrlose aber nutzlose Frau zu verschonen. Als die Diskussion immer lauter wird und es nur noch ums blanke Überleben geht, bricht die schockierte Gruppenleiterin das Spiel ab. Sie hat sich das anders vorgestellt - ich aber auch! Und was haben wir heute gelernt: 1. Frauen und Kinder sterben bei Katastrophen immer zuerst - aus den unterschiedlichsten Gründen. 2. Führungskräfte sind gerne bereit menschliche Opfer zu bringen. 3. Wenn es ums nackte Überleben geht, gibt es keine Gentlemen mehr.
Danke liebe Kursleiterin! Endlich etwas fürs Leben gelernt!

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